Ewige Feinde?

Die deutsche Sprache und das Impfen

von Marieke Heidemann (Kl. 9)

Illustration: Sweja Boekhoff (EPh)

Während der Corona-Pandemie gab es ein Thema, das besonders heikel diskutiert wurde: das Impfen. Wenn man sich die Impfquoten in Deutschland und anderen europäischen Ländern anschaut, fällt auf, dass besonders die deutschsprachigen Regionen eine niedrige Impfquote haben. In den sogenannten DACH-Staaten, also in Deutschland, Österreich und der Schweiz, ist über 20 Prozent der Bevölkerung nicht geimpft. Auch in Litauen und Luxemburg, wo ein Teil der Bevölkerung Deutsch spricht, gibt es eine ähnliche Impfquote. In der Schweiz ist außerdem auffällig, dass der deutschsprachige Teil eine deutlich niedrigere Impfquote hat, als jene, in denen Italienisch und Französisch gesprochen wird. Doch warum ist das so? Um der Sache auf den Grund zu gehen, muss man einige Zeit zurück in die deutsche Geschichte gehen.

Im 19. Jahrhundert entstand die von Rudolf Steiner ins Leben gerufene Anthroposophie. Das ist eine Weltanschauung, die unter anderem für eine natürliche Selbstheilung des Körpers argumentiert. Eine Krankheit wird daher durchaus als etwas Sinnvolles angesehen, das der Körper durchmachen muss. Wichtig zu wissen ist, dass die Anthroposophie zu einer Zeit entstand, als die Wissenschaft noch nicht die heutigen Erkenntnisse über Impfungen besaß. Viele Anthroposophen sehen Impfungen als eine neuartige, moderne Zumutung gegenüber ihrem Körper, welche von außen in ihre Lebenswelt eindringt und bekämpft werden muss.

Ein weiterer Grund für die niedrigen Impfquoten im deutschsprachigen Raum könnte sein, dass es eine Zunahme an rechtspopulistischen Parteien in Europa gibt, die in Deutschland, Österreich und der Schweiz besonders laut sind. Sie greifen die Sorgen und Ängste vieler Bürger auf und geben einfache Antworten auf komplizierte Fragen.

Dazu kommt, dass es in anderen europäischen Ländern, wie beispielsweise Italien, Spanien oder Portugal, teilweise deutlich schwerere Pandemieverläufe als in Deutschland gab. Die Regierungen dort griffen zu strengeren Maßnahmen, wodurch die Menschen direkt mit den Auswirkungen konfrontiert waren. Außerdem ist die Wirkung von Impfungen bei den Menschen dort noch sehr gegenwärtig. Diese Länder begannen nämlich spät mit den Polio-Impfungen, weshalb sie in den 1970ern noch besonders stark von den Polio-Erkrankungen gezeichnet waren.

Wenn man sich die Impfquoten in Europa anschaut, wird allerdings auch deutlich, dass es Länder gibt, deren Impferfolg niedriger ist als in Deutschland, wie zum Beispiel Polen, Kroatien oder Rumänien. In Schweden und Frankreich liegt sie etwa auf der gleichen Höhe mit Deutschland. Ist es also zu früh, Deutschland so schlecht zu reden?

Klar ist: Die Theorien zum Zusammenhang zwischen deutscher Sprache und niedrigen Impfquoten sind nicht frei erfunden. Mit Sicherheit spielen sie eine Rolle in dieser Thematik. Trotzdem muss man dazu sagen, dass das alles im Moment nur Theorien sind. Wie viel an ihnen wirklich dran ist, wird sich durch zukünftige Forschungen zeigen.


Quellen:
Die Geschichte der Impfgegner | MDR.DE
Corona: Gibt es einen Zusammenhang zwischen deutscher Sprache und niedriger Impfquote? (merkur.de)
Historiker Malte Thießen: Warum es beim Impfen ans Eingemachte geht | Gesellschaft | BR KulturBühne | BR.de

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