Desinfektionsmittel gefällig?

Es scheint sogar wichtiger als Toilettenpapier!

von Nur Ali (Q1)

Unser Alltag steht Kopf. Wer hätte jemals gedacht, dass Schüler und Studenten, die zu Hause bleiben, gelobt werden, dass Menschen, die soziale Kontakte meiden, erwünscht sind, dass Firmen und Geschäfte schließen und scheinbar ganz Deutschland versucht, die Auswirkungen eines Virus so weit einzuschränken, dass wir immer noch genug Intensivbetten und Toilettenpapier zur Verfügung haben?

Wenn mir jemand am 31. Dezember 2019 unter dem lauten Knallen des Feuerwerks und dem Klirren der Sektgläser erzählt hätte, was 2020 für uns bereit hielte, hätte ich sicherlich kein „Frohes Neues!“ mehr über die Lippen gebracht. Nichts desto trotz bin ich erstaunt, wie alle versuchen, trotz unserer starken Einschränkungen im Alltag, das Beste aus der Situation zu machen. Der Unterricht in Schulen geht im Homeoffice weiter und Lehrer sowie Schüler tauschen sich über Messenger oder Videochat aus. Auch wenn es ärgert, die Einschränkungen retten Leben! Wenn es sie nicht gäbe, würden uns Mangelbestände an Waren drohen. Die Einen wichtiger (Intensivbetten), die Anderen beliebter (Toilettenpapier).

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In welche Kategorie lässt sich wohl Desinfektionsmittel einordnen? Es ist sowohl wichtig, als auch beliebt und daher genau so schwer zu finden, wie die begehrten Papierrollen fürs stille Örtchen. Wenn man dann doch noch Handdesinfektion im hintersten Regal der Hygieneartikel finden sollte, ist die Freude übergroß.

Doch wie genau funktioniert eigentlich Desinfektionsmittel? Warum tötet es Bakterien und Viren so effizient ab? Erst einmal muss man zwischen Grob-und Feindesinfektionsmittel unterscheiden. Grobdesinfektionsmittel ist generell für Oberflächen und Gegenstände gedacht, das Feindesinfektionsmittel hingegen für die Haut und auch für Wunden.

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Des Weiteren gibt es Desinfektionsmittel, welche nur für Bakterien gedacht oder welche, die sowohl für Bakterien als auch für Viren geeignet sind. Doch was ist genau der Unterschied zwischen Bakterien und Viren? Bei Bakterien handelt es sich um Einzeller, welche zu den Prokaryoten gehören. Prokaryoten besitzen keinen Zellkern, keine membranumhüllten Organellen und deren Energieumwandlung findet in der Zellmembran statt. Diese wird durch Enzyme katalysiert. Eukaryoten hingegen sind Zellen, welche sowohl als Einzeller als auch als Vielzeller (alle Tiere, Pflanzen, Pilze und Menschen) auftreten. Sie besitzen einen Zellkern und membranumhüllte Zellorganellen. Der Ort der Energieumwandlung findet nicht in der Zellmembran statt, sondern im Mitochondrium, einem Zellorganell.

Als Beispiel für die Funktion von Enzymen könnte man das Bakterium Escherichia Coli nehmen. Es passt sich dem Nahrungsangebot in seiner Umgebung an. Beispielsweise synthetisiert das besagte Bakterium das Enzym Lactase, sobald sich Lactose (Milchzucker) im Außenmedium befindet. Die Lactase bindet an das Substratmolekül und verändert dessen Struktur. So wird die Lactose abgebaut und dient Escherichia Coli als Energiequelle. Ohne dieses Enzym könnte das Bakterium die Lactose gar nicht abbauen. Enzyme werden, wie bereits vorher angesprochen, vom Bakterium selbst synthetisiert, indem die DNA (bei Bakterien RNA) abgelesen wird und die Proteinbiosynthese vollzogen wird. Dabei werden Proteine gebildet, welche verschiedene Aufgaben in einem Organismus erfüllen. Primär beschleunigen Enzyme, welche aus Proteinen bestehen, chemische Reaktionen, welche ohne diese verlangsamt oder gar nicht möglich wären. Daher nennt man Enzyme auch Biokatalysatoren, da sie chemische Reaktionen katalysieren (auslösen). Bakterien vermehren sich, indem sie sich selbst teilen.

Bei Viren hingegen handelt es sich nicht um Lebewesen! Es handelt sich um organische Strukturen, welche Erbinformation enthalten, jedoch nicht in der Lage sind, sich eigenständig zu vermehren. Sie besitzen keinen Stoffwechsel und reagieren auch nicht auf Reize, was ebenfalls ein Merkmal für ein Lebewesen wäre. Die meisten Viren besitzen eine Protein-Kapsel, welche die Erbinformation, entweder DNA oder RNA, umschließt. Viren benötigen eine Wirtszelle, um sich zu vermehren. Dafür dringen sie in einen Organismus ein, schleusen sich in eine Zelle und ersetzen die vorhandene DNA durch ihre eigene Erbinformation. Daraufhin liest die Zelle die „Bauanleitung“ des Virus ab und produziert noch mehr Viren, welche ebenfalls weitere Zellen auf die gleiche Weise befallen.

Alkohole und Aldehyde, welche in Feindesinfektionsmitteln enthalten sind, wirken auf Proteine denaturierend, d.h. zerstörend. Da Enzyme aus Proteinen bestehen, werden diese inaktiviert und können ihre Funktion im betroffenen Organismus nicht mehr erfüllen. Auch Schwermetalle reagieren mit Proteinen und inaktivieren Enzyme. Eine weitere Wirkungsweise wäre beispielsweise die Zerstörung der Membran durch oberflächenaktive Verbindungen, welche Bakterien und behüllte Viren umgibt (vgl. zum Vorigen Westermann Bioskop S2. Qualifikationsphase Niedersachsen, Braunschweig 2019, S. 28 und 98).

Speziell gegen das Corona Virus sind Desinfektionsmittel wirksam, welche entweder „begrenzt viruzid“ (wirksam gegen behüllte Viren) oder „viruzid“ angewendet werden können. Auf der Website des Robert-Koch-Instituts gibt es eine Liste mit geprüften und anerkannten Desinfektionsmitteln (https://www.rki.de/DE/Content/Infekt/Krankenhaushygiene/Desinfektionsmittel/Desinfektionsmittellist/Desinfektionsmittelliste_node.html;jsessionid=90A2C9B7321C405186A904C567380284.internet121).

Auch wenn jeder von uns genügend Hygienemaßnahmen trifft, wie beispielsweise das Beschaffen einer Maske oder regelmäßiges Händewaschen, so müssen wir uns dennoch zusammenreißen und den Abstand zu Menschenmengen und -gruppen bewahren. Besonders für extrovertierte Menschen ist dieses Jahr sicherlich etwas einsam und grau. Trotzdem bin ich zuversichtlich, dass wir alle versuchen, die Infektionsrate so niedrig wie möglich zu halten und uns in naher Zukunft aus unserer misslichen Lage befreien können, sodass wir auf ein baldiges Wiedersehen und eine Rückkehr der Normalität hoffen können!

„In unserer Vorfreude regnet es nie“ (Anke Maggauer-Kirsche, dt. Lyrikerin)

weiterführende Links: https://www.spektrum.de/lexikon/chemie/desinfektionsmittel/2298

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